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Das Plüschpantheon

  • Autorenbild: Fiona
    Fiona
  • 12. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 19. Apr.

Andere Hunde haben Spielzeuge. Meiner kuratiert ein Museum. Eines auf Welterbestätten-Niveau.


Das Herzstück seiner Sammlung bilden drei Charakterstudien in Plüschform: Tutanchamun, Ammonit und van Gogh.


Klingt zwar wie der Anfang eines schlechten Kneipenwitzes: „Treffen sich ein Pharao, ein Fossil und ein präfauvistischer Maler…“. Unbestritten sind das aber die POIs unseres Wohnzimmers. Vielleicht sogar der Knotenpunkt des Universums. Sie werden gleich verstehen, was ich meine.


Beginnen wir mit Tutanch. Dem altägyptischen Kindkönig mit der fragwürdigen Regierungsbilanz. Vergoldet, leicht schielend, voller Charisma. Wie ein Horus auf Baldriandrops, der latent nach Hundepups riecht.


Tutanch wird von meinem Hund mit eben der Ehrfurcht herumgetragen, die sonst nur den wirklich guten Kaustangen vorbehalten ist. Tutanch ist mehr als ein Spielzeug. Er ist Mentor und gelegentlicher Kopfkissenersatz, seit seine Insignien den Beißtest nicht bestanden haben. Tutanch darf sich als der Anführer des Kuscheltier-Triumvirats zählen.


Nicht, weil er die meisten Knopfaugen hat (hat er nicht). Auch nicht, weil er besonders toll verarbeitet wäre (wir haben immer noch nicht alle Insignien wiedergefunden). Sondern weil er eine Präsenz mitbringt, die man von Hauskatzen mit Adelskomplex kennt. Wenn Tutanch irgendwo liegt, dann nicht einfach so. Dann liegt er. Würdevoll. Bedeutend. Immer ein bisschen so, als sei er beleidigt, dass wir ihn im Souvenirshop gekauft und nicht feierlich ausgegraben haben.


Kommt Besuch, findet man Tutanch oft auffällig zentral im Raum. Er hält Hof. Sein Blick verkündet unmissverständlich: „Betretet ruhig mein Reich. Die Ausstellung läuft dauerhaft. Garderobe links, Ehrerbietung rechts.“ Meine Rolle? Ich bin die Frau, die das Wasser bringt.


Als Nächstes hätten wir den Ammonit. Eine rhabarberrosa Zimtschnecke mit dem Kopf von Dr. Zoidberg, der beschlossen hat, nie wieder aufzustehen, – und viel existenzieller Tiefe. Äußerlich: Fossil. Emotional: Feierabend.


Mein Hund durfte ihn sich im Geschenkeladen aussuchen. Als Belohnung, nachdem er sich im Dinomuseum zwischen T. Rex- und Pterosaurier-Skeletten nicht wie Indiana Jones aufgeführt hatte. Und ja, da durften tatsächlich Hunde rein. Aber das ist eine andere Geschichte.


Das mag jetzt etwas... nerdig wirken. Oder wie etwas, das man nur in sehr speziellen Foren postet. Doch der Ammonit ist der meditative Ruhepol meines Hundes. Der schleckt den Ammonit nämlich in Spiralen ab – mit der Hingabe eines Atemtherapeuten, der Farben schmecken kann. Wahrscheinlich, um das Erdmagnetfeld zu entstören.


Der Ammonit ist sein Zen-Garten. Kein Quietschen. Kein Drama. Nur Stoff und Stille. Mit einem Hauch von Sabber.


Schließlich – der große Vincent. Van Gogh aus Plüsch. Sogar noch mit beiden Ohren. Voraussichtlich wird das eine demnächst aber noch angenagt. Aus interpretativer Nähe zur Kunst.


Van Gogh ist der Melancholiker der Runde. Er ist oft auf den Rücken gedreht. Mit leicht schiefem Lächeln. Als wüsste er um sein tragisches Schicksal, wäre aber inzwischen fein damit.


Mein Hund schiebt van Gogh regelmäßig neben sich auf den Aussichtsposten an der Terrassentür. Dann will er ihm sagen: „Komm, Vince, heut ist ein guter Tag. Wir gehen nach draußen und drücken unser Kackzi in die Efeuranken.“ Sie müssen wissen: Mein Hund hat eine Technik rückwärtseinzuparken entwickelt, mit der er Tretmienen im Garten vermeidet. Guter Junge.


Ich selbst bin mir inzwischen nicht mehr ganz sicher, ob ich zuhause noch das Sagen habe oder bloß die Museumsaufsicht bin. Eine, die abends die Exponate aus den verschiedenen Zimmern einsammelt, sie aufstellt, trocknet, gelegentlich vernäht.


Und die zwischendurch aufpassen muss, nicht auf van Gogh zu treten – der liegt gern dramatisch im Flur. Künstler halt.


Ist mein Hund ein Genie? Vielseitig interessiert? Etwas größenwahnsinnig? Vermutlich eine Mischung von allem.


Es würde mich nicht wundern, wenn er sich demnächst noch einen Stoff-Aristoteles aussucht. Oder ein kleines schwarzes Loch aus Plüsch. So hätten wir auch gleich das Platzproblem in der Spielzeugkiste gelöst.


Fiona Pröll


Das Plüschpantheon
Das Plüschpantheon meines Hundes. (Das Bild wurde mit ChatGPT erstellt.)


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