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Wenn es um Lebkuchen und Tod geht

Knusper, knusper, knäuschen: Wer stapft da um mein Häuschen? Mitten in der Nacht hat sich eine Streife bei mir verirrt. Dabei kann ich mich gar nicht daran erinnern, eine Spur mit Brotkrumen ausgelegt zu haben.


Zwei Polizisten verliefen sich im Reihenhausgarten. Es war so finster und auch nicht zu erwarten. Sie kamen an ein Häuschen im Vorortviertel klein. Wer mag der Herr wohl von diesem Häuschen sein?


Freunde, ich. Steht auch auf dem Klingelschild.


Und da ich noch nicht mal Schmidt heiße, ist die Verwechslungsgefahr mit Lebkuchen-Schmidt eigentlich eher im unteren Bereich angesiedelt. Keine Pforte, kein Fabrikgelände, keine Industrieschornsteine und, naja, kein riesiges Logo an der Front. Außerdem riecht es bei mir selten nach Orangeat, Zimt, Nelken, Kardamom und Sternanis. Leider.


Dafür typischer Reihenhaus-Charme: ein Haus wie das andere wie das andere wie das andere. Wirklich idyllisch, wenn nicht gerade tief in der Nacht ohne Vorwarnung eine Polizeistreife aufs Grundstück einsteigt. Und im finstersten Teil des Gartens mit Taschenlampen Lichtkegel kreisen lässt.


Ich lese Krimis. In denen sind es in der Regel die vom anderen Verein, die sowas machen. Also war mir klar, wie ich als Opfer eines Einbruchs, das ich in wenigen Augenblicken zweifelsohne sein würde, handeln musste: untätig dastehen, glotzen und vor Selbstmitleid vergehen.


An dieser Stelle höre ich Sie fragen: „Okay und warum das alles?“.


Ganz einfach. Ein Nachbar hatte die Polizei gerufen, um Bescheid zu geben, dass auf dem Lebkuchenfabrikgelände in der Nähe unserer Siedlung ein Überdruckventil pfiff. Merke: nicht ich.


Ehrlich gesagt kann ich überhaupt nicht pfeifen. Doch da ich weder ein Rotkehlchen noch Schiedsrichter bin, geht das schon in Ordnung. Aber selbst wenn ich es könnte, würde ich es vermutlich nicht unbedingt nachts kauernd hinter der Hecke üben.


Das hat dann auch die Ermittlung der Streife ergeben – ich wurde offiziell als Gefahrenquelle ausgeschlossen. Übrigens als Allererstes, noch bevor sie zur Lebkuchenfabrik weitergezogen sind. Die war im Dunklen nicht schwer zu finden. Die Polizisten mussten nur dem Pfeifen nach.


Mich hatten sie nicht unnötig wecken gewollt und deshalb nicht geklingelt. Man weiß ja nicht, wie so eine Knusperhexe reagiert, wenn sie gestört wird.


Fiona Pröll

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