Angeblich soll man im Leben einen Baum pflanzen, ein Kind zeugen und ein Haus bauen. Die eigenen vier Wände kernsanieren? Davon war nie die Rede. Aus gutem Grund.
Es gibt viele dumme Ideen auf der Welt. Schuhe eine Nummer zu klein zu kaufen in der Hoffnung, dass sie sich ausleiern werden, zum Beispiel. Oder verdächtig säuerlich riechende Milch auf die Cornflakes zu gießen. Die mit Abstand dümmste Idee von allen ist aber eine Komplettsanierung. Bitte machen Sie das zuhause nicht nach. Ich weiß, wovon ich rede.
Meine Erinnerungen an den genauen Baubeginn sind mittlerweile verblasst. Da ist das Gedächtnis zum Glück gnädig.
Seither befinde ich mich in einer Art ‚Bildnis des Dorian Gray‘-Escape Room XXL. Nur mit umgekehrten Vorzeichen. Mit jeder Stufe der Verjüngungskur fürs Haus bröckele ich ein Stück mehr. Meinen natürlichen Alterungsprozess über die Zeit noch überhaupt nicht mit eingerechnet.
Kurz skizziert sah meine Vorstellung vom Umbau so aus: Am ersten Tag steht eine halbe Zenturie Bob der Baumeister unter dem Kommando von Tine Wittler pünktlich wie die Maurer auf der Matte. Und im nächsten Moment – nachdem sich ein kurzer, verschwommener Schleier lichtet – mutet das Haus wieder tipptopp an.
Soweit der Plan.
Dafür nenne ich mittlerweile zumindest ein Mü Bauherrenschläue mein Eigen. Inklusive der Erkenntnis, dass jeder eingespeicherte Handwerker-Kontakt mir mehr kontextfreie WhatsApp-Stories mit völlig fremden Menschen beschert.
Schützen Sie sich und Ihr Handy. Lassen Sie es erst gar nicht so weit kommen.
Die Natur erobert sich ihr Terrain zurück. Das ist der Weltenlauf. Den halten weder Sie noch ich dauerhaft auf. Werden Sie also ein Teil des um Sie entstehenden Biotops.
Wasser findet immer einen Weg. Weshalb sollten Sie sich ihm in den Weg stellen? Sie sind kein Biber.
Haben sich die Risse im Mauerwerk erst mal tief genug gegraben, sorgen sie für eine zuverlässige Luftzirkulation im Wohnraum. Moose und Flechten können sich zu einer ansprechenden Fassadenbegrünung entwickeln.
Genießen Sie die Romantik Ihrer ganz persönlichen Ruine. Mit solchen Motiven wurden schon Galerien voller Kunstwerke, Bibliotheken voller Bücher gefüllt. In einer Ruine zu wohnen, ist allemal besser, als selbst eine zu werden.
Fiona Pröll
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