Die Startruhe
- Fiona

- 18. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
Manche Wörter sind nur deshalb richtig, weil sie nicht konsequent genug falsch weitergedacht wurden.
Wer sich gelegentlich in meinen Blog verirrt, weiß: Ich habe eine Schwäche für Wortspiele. Was kaum jemand ahnt – und das hat mir vermutlich einige Jahre Logopädie erspart – ist, dass dieses Faible tatsächlich nur recht wenig mit Sprachwitz zu tun hat. Dafür umso mehr mit kindlicher Fehlleistung.
Als ich klein war, habe ich gern etwas falsch verstanden. Und das meistens besser.
Mein Sprachzentrum – ein Trommelkomposter aus purer Logik und völliger Weltfremdheit. Ich habe Worte nie einfach gehört. Sondern innerlich veredelt.
Es folgt nun also ein Worst-of meiner linguistischen Kollateralschäden, liebevoll konserviert:
„Startruhe“ etwa. Eine berühmte Person steht auf einer Kiste. Gefeiert, unbeweglich, PR im öffentlichen Raum. Mit der Aussicht auf Taubenkot … im stillen Stolz einer Statue.
Oder „Umgang ist der Welten Lohn“. Ein Sprichwort wie eine Soziologievorlesung: präzise, erschöpfend, empirisch belegt. Undank mag die Welt regieren. Doch die bloße Gesellschaft anderer ist oft schon Strafe genug. Das hatte was von mühsam und trotzdem menschlich.
„Die drei Muskeltiere“ dagegen klangen für mich nach reiner Effizienz. Wer will sich bitte mit Waffenträgern identifizieren, wenn er ein Trio aus charmanten Muskelpaketen haben kann, die den französischen Adel mit bloßer Körperspannung besiegen? Nimm das, Alexandre Dumas. Sportpädagogisch jedenfalls war meine Version dem Griff zu Musketen überlegen.
„Wie auch wir vergeben unsere Schulden gern“. Relatable, oder? Ich saß in der Kirchenbank und war überzeugt: Geld ist nicht wichtig. Und natürlich – wir sollten lieber den Schuldigern vergeben als uns zu verrechnen. Meine Variante gehört eher in die Rubrik „Offene Posten“.
„Bedienungslos“. Man erwartet nichts und bekommt auch nichts. Niemand bringt einem etwas. Kein Kellner, kein Schicksal, kein Kakao. Ein Dasein ohne Dienstleistung, aber mit Haltung. Wer nichts serviert bekommt, kann wenigstens selbst den Löffel schwingen. Ich bleibe bis heute dabei: Wegverhandelte Bedingungen schmecken nach Vertrag, Bedienungslosigkeit nach Charakter.
Schließlich: „Rindermulch“. Nachhaltige Bauernhöfe, Kuhglück, ökologischer Fortschritt – Gülle in Hackschnitzelform. (Wobei ich mich gewundert habe, warum das so wenig riecht.) Und was raus muss, muss raus. Baumrinde schreddern? Meine Upcycling-Vorstellung hätte der Kreislaufwirtschaft womöglich mehr zugearbeitet.
Sprache steckt voller Stolperfallen. Zum Glück.
Darin liegt die Magie von Missverständnissen: Sie verzerren die Welt nicht, sie machen sie plausibler.
Wie „Happy Bürste to you“ – der Badezimmerklassiker, den ich in die Haarbürste schmetterte. Als Fest der Selbstpflege. Ohne Englisch zu können. Oder ordentliches Deutsch. Aber es fühlte sich richtig an.
Fiona Pröll





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