Der Cursor zwinkert mir zu… schon ziemlich lange. Weil er allein auf der Seite ist, weil ich bisher noch nichts geschrieben habe, weil das hier eine Glosse werden soll, weil die zu den Meinungsbeiträgen zählt, weil mir dafür jedoch offensichtlich eine Meinung fehlt.
Aller Anfang ist schwer. Besonders, wenn er aus einem weißen Blatt besteht.
Ich möchte ja keine Panik verbreiten, aber Schreiben gilt als hochkomplexe Tätigkeit. Von der Strukturierung, über die Festlegung des Adressatenkreises, bis hin zur letzten Korrektur: 30 kognitive Einzelprozesse müssen dafür ineinandergreifen.
Zum Glück gestaltet sich die Ausgangslage für mich nicht ganz so schlimm. Glosse steht als Textart immerhin fest und Sie kenne ich auch schon.
Horror vacui? Also bitte, den habe ich eben hinter mir gelassen. Ab jetzt folgt Fabulieren 2.0.
Fehlt nur noch ein interessanter Standpunkt, eine humorvolle Perspektive, irgendwas in der Richtung. Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Na, davon mache ich doch gerne Gebrauch.
Zu seinen Ansichten muss man stehen. Bloß was tun, wenn ich keine habe?
Jean-Jacques Rousseau gab seine Kinder direkt nach der Geburt ins Findelheim. Um sicherzugehen, dass sie beim Verfassen der pädagogischen Schriften nicht störten. Kommunismus-Miterfinder Friedrich Engels war ein talentierter Spekulant, der in der väterlichen Firma fleißig Mitarbeiter entließ. Und der auf dem Papier dauerklagende Franz Kafka wurde als geselliges, humorvolles Kerlchen beschrieben. Bekanntlich ist niemand ein ausgeklügelt Buch, sondern ein Mensch in seinem Widerspruch.
Glossen sollen meinungsbildend sein. Vielleicht funktioniert das auch bei mir – während ich sie schreibe.
Der Plan sieht folgendermaßen aus: Ich werde künftig einfach in zwei Drittel der Fälle pro und in einem Drittel contra sein. Egal, worum es geht. Isso, weil halt.
Die Herausforderung liegt einzig darin, mir zu merken, was ich schon mal gutgeheißen habe und was nicht. Es soll sich schließlich ein stimmiges Bild für die treuen Leser ergeben. Unterm Strich dürfte das trotzdem immer noch weniger Aufwand bedeuten, als tatsächlich zu jedem Thema eine eigene Meinung zu pflegen.
Allerdings kann ich nur hoffen, dass ich im echten Leben nie auf mein niedergeschriebenes Dafürhalten angesprochen werde. Sonst fliegt noch auf, wie viel Meinung ich bei so wenig Ahnung habe. Zur Not müsste ich mit einer Gegenfrage kontern. Die Glosse hat Ihnen gefallen, hoffe ich?
Fiona Pröll
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